Sie, deren Namen mir gestern wieder eingefallen ist, und ich, der das am liebsten wieder vergessen würde --> Ich sitze in meinem Zimmer, höre Musik und hege den Verdacht, dass das Wetter draussen schön sein könnte. Ich bin glücklich, hier, auf dieser kleinen Welt zu sein, ein Mensch zu sein, ganz allein zu sein, nur ich in meinem Zimmer, aber ich hab' die Tür nicht abgesperrt, und, klar, da kommt natürlich Freeze zu mir herein. 'Scheisse' denke ich, und habe natürlich recht. Schon wieder bin ich der Arsch, also der, der loslaufen muss, in den Supermarkt, um Klopapier zu kaufen.

Ich hasse Freeze, und er weiss es auch. Aber ich hasse ihn noch mehr, als ich mich durch die Glastüren drängele, vorbei an einem kleinen Hund, der ist kein Mensch, der kuckt nur so und darf deshalb auch nicht in den Supermarkt. Er muss draussen bleiben, allein bei dem schönen Wetter, und ich will auch sofort wieder raus, raus aus dem Supermarkt, zurück durch die Glastür, zurück in meine kleine Welt, denn an der Kasse sitzt sie, deren Namen mir gestern wieder eingefallen ist. Oh Gott, das war ja wirklich erst gestern, und heute ist das Klopapier schon wieder alle.

Was wird sie nur von mir denken? Was wird sie nur von meinem Stoffwechsel denken?

Ich schleiche so zwischen den Regalen herum. Ich glaube, ich warte auf ihre Mittagspause. Damit sie endlich aufsteht, die Kasse verlässt, hinausgeht, an dem kleinen Hund vorbei, mitten in das schöne Wetter hinein. Damit ich endlich mit dem Klopapier unter dem Arm an die Kasse stürmen und die Transaktion hinter mich bringen kann. Ohne dass sie über mich oder sogar über meinen Stoffwechsel nachdenkt, mich möglicherweise noch danach fragt, mich ausfragt, Auskunft über meine intimsten Geheimnisse verlangt. Ich könnte ihr sagen: 'Du, ich gehe gar nicht so oft auf's Klo. Das ist Freeze. Der ist so fett, dass er nicht einmal durch meine Zimmertür passt und natürlich scheisst er auch dementsprechend. Ich kann also gar nichts dafür, mein Gott, das bin doch gar nicht ich, ich bin es nicht, ich bin auch eigentlich gar nicht hier, bin nicht von dieser Welt'. Eigentlich bin ich viel zu zart, um so was mitzumachen und frage mich, wieviel Schockerlebnisse ein Mensch wohl verkraften kann.

Zum hundertsten Mal durchforste ich das Süssigkeitenregal. Da gibt es viele interessante Dinge, aber ich bin zu nervös, als dass ich mich für so ein Tütchen oder so ein Päckchen mit Keksen, mit Schokolade, mit weiss der Teufel was, entscheiden könnte. Ein Pärchen biegt flotten Schrittes um die Ecke, und der eine Typ fragt mich, wie das Wetter so draussen sei, und ob es hier eine Toilette gebe, und woher die Flecken auf meiner Hose kämen. Ich weiss nicht, was ich sagen soll, und starre deshalb hinunter auf das Klopapier, das ich mir zwischen die Knie geklemmt habe. Vielleicht sage ich irgendwann zu ihm, dass ich nur sehr, sehr selten auf's Klo gehe. Und dass ich seit gestern erwachsen genug bin um zu wissen, dass er, der Typ, eine alte Sau ist. Ich weiss nicht, was ich wirklich zu ihm sage, aber ich höre, wie er plötzlich auflacht, mich dafür auslacht, dass ich arme Sau denke, dass nur ich es bin, der den Namen der Kassiererin kennt. Ich gehe trotzdem nicht mit ihm auf's Klo, denn ich bin ja nicht schwul oder stereo-orientiert, lass statt dessen das Klopapier im Kühlregal mit den Pizzas verschwinden und mach' mich erst mal wieder auf den Heimweg.